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Als ihre Kolleginnen und Kollegen wissen wir: Rose zu fragen, ist immer eine gute Idee. In dieser Reihe teilen wir ihre Tipps, Lifehacks und Einfälle. Dieser Artikel ist Teil von ZEIT am Wochenende, Ausgabe 07/2023.
Der Supermarkt um die Ecke ist ein mysteriöser Ort. Die Mitarbeiter:innen schauen Sie immer komisch an, wenn Sie reinkommen, als würden Sie lächelnd auf einer Beerdigung auftauchen, auf die Sie nicht eingeladen wären. Dort kann man eine Mangostan kaufen, aber keine Sellerie. Auberginen gibt's heute nicht, aber hätten Sie Interesse an lila Brechbohnen im Maxibeutel zum Sparpreis? Alle Eier sind aus Bodenhaltung, das Brot ist aber ausschließlich bio. Und heute, spontan, sind die Schnittkräuter weg. Aber heute kochen Sie wieder für die Schwiegereltern, also landen die teuren Topfkräuter in den Einkaufswagen. Mal schauen, wie viele Stunden sie durchhalten, bis auch sie beerdigt werden müssen.
Topfkräuter werden mit dem Versprechen verkauft, dass sie länger halten, ertragreich nachwachsen und Sie dadurch wochenlang mit duftenden Frischkräutern versorgen. Aber wir wissen, dass es üblicherweise anders ausgeht: gelbe, labbrige Basilikumblätter, vertrocknete Petersilienstengel, ein schneller Sprung vom Fensterbrett zum Mülleimer. Topfkräuter sehen im Laden super aus; sie werden aber genau dafür gezüchtet.
Sie bekommen im Gewächshaus die optimalen Bedingungen, um schnell zu wachsen und kurzfristig buschig und knallgrün auszusehen. Um längerfristig gesund zu bleiben, brauchen sie aber ganz andere Zustände – auf dem Fensterbrett zu sitzen und gelegentlich gewässert zu werden, reicht nicht aus. Man muss ein paar Gartenbaumaßnahmen ergreifen.
Mehrjährige Kräuter wie Rosmarin, Thymian und Salbei sind hart im Nehmen, aber sind im kleinen Supermarkttopf häufig unglücklich. Diese holzigen Kräuter sind Stauden; sie wollen draußen sein und starke Wurzeln entwickeln. Solche Kräuter also so bald wie möglich in einen größeren Topf mit Abfluss umtopfen und, wenn vorhanden, etwas Sand oder Vermiculit in die Pflanzenerde (bitte immer torffrei!) vermischen. Wenn Sie die Pflanze aus dem Topf nehmen, untersuchen Sie kurz die Wurzeln: Sind sie dicht und wie Filz in der Form des Topfes zugewachsen? Wenn ja, ziehen Sie die Wurzeln vorsichtig aus dem Wurzelball raus, bis auf allen Seiten keine feste topfförmige Masse mehr zu sehen ist, sondern die Wurzeln kraus rausstehen.
Saftige Kräuter wie Petersilie, Koriander oder Basilikum haben eine noch größere Herausforderung vor sich, wenn sie vom Supermarkt nach Hause gebracht werden. Der Basilikumstrauß oder die Petersilienhecke sind nämlich keine Pflanze, sondern eine Menge einzelner Pflanzen; in der Natur würden sie nie so eng zusammenstehen, aber für den Verkauf werden sie dicht ausgesät, damit sie üppig und voll aussehen. Langfristig konkurrieren sie aber miteinander und sterben allmählich. Um diese Pflanzen glücklicher zu machen, muss man sie also nicht nur umtopfen, sondern trennen. Damit die einzelnen Pflanzen Platz haben, sich unter der Erde auszubreiten.
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Damit man aber nicht plötzlich 30 Basilikumtöpfe rumstehen hat, kann man beispielsweise die Pflanzen an den Wurzeln vorsichtig in zwei Bündel trennen, dann aus der Hälfte der Pflanzen Pesto machen (und gegebenenfalls einfrieren). Die andere Hälfte kann man in einzelne Pflanzentriebe trennen und diese in zwei oder drei größere Töpfe umtopfen, sodass jede Pflanze um sich drei bis fünf Zentimeter Platz hat. Bei Petersilie, Koriander & Co kann man kleinere Pflanzenbünde so trennen.
Wenn es mehr als zehn Grad draußen sind, können die Kräuter draußen auf den Balkon oder die Fensterbank gestellt werden. Basilikum und Petersilie ertragen es nicht, wenn es kälter wird, und für Pflanzen wie Thymian, die üblicherweise winterhart sind, kann der Temperaturschock einfach zu groß sein. Wenn es zu kalt ist oder Sie keine Möglichkeit haben, die Pflanzen draußen zu lassen, müssen Sie beim Gießen besonders vorsichtig sein. Holzige Pflanzen sind an Trockenheit gewöhnt und können bei hoher Feuchtigkeit Mehltau entwickeln. Nur gießen, wenn die Erde oben trocken ist: ungefähr alle eineinhalb Wochen im Winter, alle paar Tage im Sommer. Die saftigeren Kräuter können häufiger gegossen werden: ungefähr jede Woche im Winter und jeden Tag im Sommer. Man kann sie auch alle eineinhalb Monate düngen.
Kräuter wie Petersilie, Koriander und Basilikum wollen im Winter in Deutschland nicht mal am Leben sein – wir müssen also den Frühling simulieren, um sie zu überzeugen, weiterzumachen. Wenn ihre Wohnung kaum Sonne bekommt oder der Winter besonders grau ist (wie jetzt), kann man also eine LED-Pflanzenlampe kaufen, um ihre Chancen zu optimieren. Ein paar Stunden künstliches Sonnenlicht pro Tag können einen großen Unterschied machen.
Und jetzt noch mein Lieblingstrick: Um den Eindruck zu verstärken, dass die Kräuter sich auf einem spanischen Berg und nicht in einer Küche in Bielefeld befinden, kann man nicht nur die Sonne, sondern auch den Wind simulieren. Holzige Pflanzen reagieren positiv, wenn man sie regelmäßig leicht schüttelt oder streichelt. Um gegen den "Wind" besser geschützt zu sein, entwickeln die Pflanzen stärkere Stämme und festere Wurzeln, so wie unsere Knochen durch regelmäßiges Joggen stärker werden.
"Schatz, Mama und Papa sind da."
Ihre Frau bleibt auf der Türschwelle zur Küche stehen. Hinter ihr Ihre Schwiegereltern, der Gesichtsausdruck eine Mischung aus der üblichen Enttäuschung und, neu dazu, Verwirrung. Sie knien auf dem Küchenboden, umringt von Pflanzenerde und halb gefüllten Pflanzentöpfen. Ihr Schwiegervater fragt, was es heute Abend zum Essen gibt. Ups – Sie haben nicht mal angefangen, die Zwiebeln für das Coq au Vin zu schnippeln. Das wird jetzt Stunden dauern. Oder … der Italiener um die Ecke hat einen Lieferservice.
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Was für ein schöner und wichtiger Text :) Merci!
Rosmarin wird ausgepflanzt riesig, ich liebe ihn weil er so hübsch blüht. Abwechselnd in südlicher Lage mit Lavendel zwischen Rosen. Ein Gartenduftgericht.
Unser Rosmarin ist jetzt nach fast 20 Jahren rießig gewuchert, dass wir ihn regelmäßig schneiden müssen. Alle anderen Kräuter gehen bei uns draußen oder drinnen ein. Wenn ich das so lese, komme ich zum Schluss, doch die TK-Version zu kaufen. Wrgen d s hohen Bedarfs, werde ich es mit Basilikum noch Mal versuchen.
Bei mir ist es genau umgekehrt. Basilikum kann ich einfach. Der blüht und verholzt sogar. Üppiger Ertrag jedes Jahr. Rosmarin hingegen möchte bei mir einfach nicht am Leben bleiben ;_;
Basilikum geht meist ein, weil er zu oft gegossen wurde. Also lieber zu wenig als zu viel gießen. Man kann damit durchaus warten, bis die Blätter etwas schlapp herabhängen, die erholen sich wieder in kürzester Zeit. Wenn der Basilikum überwässert wurde, dann hängen die Blätter auch schlapp herunter, aber sie erholen sich nie wieder davon.
Und es macht einen riesen Unterschied, ob die Töpfe auf dem Fensterbrett vor dem Fenster (also draußen) oder auf dem hinter dem Fenster stehen. Obwohl die Lichverhältnisse nahezu gleich sind, wachsen sie draußen viel, viel besser.
Für glatte Petersilie gibt es eine andere Alternative: Große Büschel gibt es für 1-2€ auf dem Markt oder bei Lidl. Die in ein Glas mit Wasser stellen. Man muss nur aufpassen, dass die Stengel möglichst lang sind und man sollte sie alle drei Tage etwas (0.5cm) nachschneiden und vermeiden, das Blattreste im Wasser anfangen zu gammeln und zu faulen… Das hält zehn Tage - zwei Wochen.
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